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Veranstaltung im Parlament

Opfer und Täter – zwei Welten, zwei Fotoalben

In einem bewegenden Vortrag präsentierte Professor Gideon Greif aus Israel am Sonntagvormittag die Schicksale der Menschen des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Das Parlament hatte zur Matinee geladen.

Opfer und Täter – zwei Welten, zwei Fotoalben

Gideon Greif ist Spezialist in der Erforschung des Holocaust und deren didaktischer Vermittlung. Insbesondere hat sich Gideon Greif auf die Erforschung des „Sonderkommandos“ von Auschwitz-Birkenau spezialisiert. Trotz stürmischem Wetters waren zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in das Parlament gekommen, um dem 1951 in Tel Aviv geborenen Historiker zuzuhören und ihre Fragen zu stellen.

Professor Gideon Greif

Sein Vortrag befasste sich mit den beiden „Ausschwitz-Alben“. Auschwitz-Album werden zwei Fotoalben genannt, die Fotografien aus dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau vor seiner Befreiung am 27. Januar 1945 zeigen.


Das erste Album, das Lili Jacob -Album

Ein erstes Auschwitz-Album wurde 1945 von Lili Jacob am Ende ihrer Haft im Konzentrationslager Dora-Mittelbau als Zufallsfund entdeckt und 1980 der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem übergeben. Das Album beinhaltet 208 Fotos. Es zeigt die Abläufe im Inneren des Vernichtungslagers Ende Mai oder Anfang Juni 1944 (Ungarn-Aktion) aus der Sicht der SS-Männer. Es ist das einzige erhaltene fotografische Zeugnis, das die Ankunft der Juden in Auschwitz-Birkenau zeigt. Es dokumentiert die Selektion an der Rampe, die Konfiszierung des Eigentums und die Vorbereitung zum Massenmord.

Frauen und Kinder in Auschwitz (Quelle Gedenkstätte Yad Vashem, Israel)

Im Frühsommer 1944 erreichte die Deportation der ungarischen Jüdinnen und Juden ihren Höhepunkt. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Bahnstrecke vom Bahnhof außerhalb bis zu einer Rampe innerhalb des Lagers Auschwitz-Birkenau angelegt. Viele der Aufnahmen in dem Album wurden auf der Rampe gemacht. Unmittelbar nach ihrer Ankunft wurden die Jüdinnen und Juden einem Selektionsprozess unterzogen, der von SS-Ärzten und Aufsehern durchgeführt wurde. Diejenigen, die für arbeitsfähig befunden wurden, schickte man ins Lager, wo sie registriert und auf die Baracken aufgeteilt wurden. Die anderen, die Alten, die Schwachen, die Kinder wurden in die Gaskammern geschickt. Sie wurden unter dem Vorwand einer harmlosen Dusche vergast, ihre Körper verbrannt und die Asche verstreut.

 

Es wird vermutet, dass das Album eine Propaganda-Sammlung war, mit dem Ziel, die Vorgänge zu dokumentiert, aber keine Bilder aus den Gaskammern zu zeigen.

Männer, Frauen und Kinder schauen den Betrachter an. Heute wissen wir, dass es der letzte Anblick dieser Menschen war. Auf sie wartete der sichere Tod. Die Betroffenen selber ahnen nichts. Mit dem heutigen Wissen sind die Bilder für den Betrachter schier unerträglich. Viele Fragen aus dem Publikum bezogen sich dann auch auf das Wissen der ankommenden Juden. „Hat niemand was geahnt, warum wurden die Juden nicht gewarnt?“, waren nur einige der bestürzten Reaktionen aus dem Publikum.


Das Höcker-Album

Ein zweites Auschwitz-Album erwarb im Dezember 2006 das United States Holocaust Memorial Museum von einem anonym gebliebenen ehemaligen Oberst der United States Army. Dieser fand es 1946, mit 116 Aufnahmen, die der SS-Obersturmführer Höcker als führender Offizier der Wachmannschaft gemacht hatte. Der Großteil des Fotoalbums zeigt Angehörige des Lagerpersonals bei Schießübungen und bei Aktivitäten im Freizeitheim Solahütte, nur 30 km vom KZ entfernt. Seine Aufnahmen waren bis 2006 in der Öffentlichkeit unbekannt geblieben. Viele der Täter, so Prof. Greif, wurden nie bestraft.

unbekümmertes Feiern in Solahütte (Quelle U.S. Holocaust Memorial  Washington)

Gegen das Vergessen

Die Matinee im Parlament wurde im Rahmen des Tages der DG organisiert, der 2016 im Zeichen Europas stand. Parlamentspräsident Alexander Miesen brachte dann auch in Erinnerung, dass Europa seit nunmehr 65 Jahren ein Friedensprojekt sei, das es zu bewahren gelte. „Wohin wollen wir gehen, wenn wir nicht wissen, woher wir kommen.“, betonte der Parlamentspräsident, „und deshalb ist es wichtig, dass wir uns  mit der Geschichte befassen und unsere Lehren aus ihr ziehn.“  Die Geschehnisse in Erinnerung halten, sei dann auch eine wichtige Aufgabe des Parlaments.

 

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