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Neuigkeiten

Zu Gast in Südtirol

Austausch zu Autonomie und Minderheitenrecht

Am Mittwoch, 4. April 2018 brach eine Delegation des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft nach Bozen auf, um sich dort mit Vertretern Südtirols vor allem zum Thema Minderheitenrecht und Autonomie auszutauschen. Angeführt wurde die Ostbelgische Delegation von Parlamentspräsident Alexander Miesen (PFF). Darüber hinaus nahmen der Gemeinschaftssenator Karl-Heinz Lambertz (SP), die Parlamentarier Jérôme Franssen (CSP), Alfons Velz (ProDG), Charles Servaty (SP) und Wolfgang Reuter (ProDG) sowie Stephan Thomas, Greffier des Parlaments, am Austausch teil.

Austausch zu Autonomie und Minderheitenrecht

Empfang im Landtag und Gespräch zu grenzüberschreitender Ausbildung

Zu Beginn des zweitägigen Aufenthalts in Südtirol wurde die ostbelgische Delegation von Landtagspräsident Roberto Bizzo und Vizepräsident Thomas Widmann sowie den Präsidialsekretären Maria Hochgruber Kuenzer, Helmuth Renzler und Roland Tinkhauser im Landtag in Bozen empfangen. Das anschließende Gespräch mit den Vertretern der Südtiroler Landtagsfraktionen sowie der Abteilungsdirektorin für Bildungsförderung drehte sich hauptsächlich um Bildungspolitik und den Arbeitsmarkt. Während dieses Gesprächs wurde deutlich, dass Ostbelgien und Südtirol vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Der Fachkräftemangel, aber auch Schwierigkeiten bei der Studienplatzvergabe im Bereich Medizin sind keine Ostbelgien-spezifischen Thematiken, sondern ebenso in Südtirol präsent. In diesem Zusammenhang wurde allerdings auch deutlich, dass Südtirol durch die entsprechende Zusammenarbeit mit österreichischen Universitäten interessante Modelle zur Lösung der angesprochenen Studienplatzvergabe entwickelt hat.

Besuch der EURAC

Nachmittags besuchte die parlamentarische Delegation das Forschungszentrum EURAC. Dort hatte man die Gelegenheit mit dem Leiter des Instituts für vergleichende Föderalismusforschung, Prof. Francesco Palermo über Minderheitenrecht und Mehrsprachigkeit in Südtirol sowie über die Autonomie und das Südtiroler Autonomiestatut zu sprechen. Parlamentspräsident Alexander Miesen betonte anschließend die erstaunlichen Parallelen, die sich zwischen Südtirol und Ostbelgien feststellen lassen: „Beide Regionen sind durch den Versailler Vertrag einem anderen Land angegliedert worden wodurch sie zu Sprachminderheiten wurden, die inzwischen mit einer weitreichenden Autonomie ausgestattet sind. Unter anderem bedingt durch die ungleichen Staatsstrukturen in Belgien und Italien, gestaltet sich die jeweilige Autonomie unterschiedlich. Das wurde in den Gesprächen deutlich und macht einen Informationsaustausch umso interessanter. 

Gespräch mit dem Gemeindenverband und Besuch der Gemeinde Sarntal

Am zweiten Tag der Studienreise wurden die Vertreter des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom Präsident des Südtiroler Gemeindenverbands empfangen. Bei dem Gespräch ging es in erster Linie um die Organisation der Gemeinden und die Gemeindeautonomie. Für die ostbelgische Delegation waren dabei die Gemeindefinanzierung und die Ausgestaltung der lokalen Demokratie von besonderem Interesse. Beeindruckt zeigte sich die ostbelgischen Parlamentarier insbesondere von dem gemeinsamen Bestreben aller Beteiligten das Dorfleben im ländlichen Raum durch gezielte Förderungsprogramme und eine entsprechende Raumordnungspolitik zu erhalten.

Nachmittags stand der Besuch der Gemeinde Sarntal auf dem Programm. Auf eine kurze Präsentation im Rathaus folgte ein gemeinsamer Rundgang durch die Gemeinde mit dem Bürgermeister und Mitgliedern des Gemeindeausschusses. Dabei wurde die Gelegenheit genutzt, das Sarntal mitsamt seinen Einrichtungen wie Sozialsprengel, Gemeinschaftspraxis mit angegliedertem Altenheim, Musikschule oder Kletterhalle näher kennenzulernen. Die von den Gemeindeverantwortlichen des Sarntals getroffenen Maßnahmen zum Erhalt der Dorfgemeinschaften können zweifelsfrei als mustergültig bezeichnet werden.

Vertiefung der Kontakte zu anderen Gliedstaaten mit weitreichender Autonomie

Für Parlamentspräsident Miesen ist der direkte Kontakt zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und Südtirol in doppelter Hinsicht wichtig: „Nicht nur durch die Parallelen in der Geschichte, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft und Südtirol deutschsprachige Minderheiten in Europa mit weitreichender Autonomie sind, sollten wir uns auch auf persönlicher Ebene regelmäßig austauschen, um voneinander zu lernen und zu profitieren“.

Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft sieht sich durch die Erkenntnisse der Studienreise abermals darin bestärkt, die Kontakte zu anderen Gliedstaaten mit weitreichender Autonomie weiter zu vertiefen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund plant das Parlament für Ende 2018 beziehungsweise Anfang 2019 ein Kolloquium, bei dem das Autonomiestatut der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit dem der Åland Inseln und Südtirols verglichen werden soll.

 

 

[Alle Fotos: © Karl Wolf]

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