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    Delegation aus Ostbelgien inspirierte sich in Sachen Markenbildung und Standortentwicklung

    Alles Käse? Was Ostbelgien und das Allgäu voneinander lernen können

    Anfang der Woche verweilte eine von Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz und Ministerin Isabelle Weykmans angeführte Delegation der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Allgäu, um sich insbesondere an dem dort entwickelten Markenbildungsprozess und der Standortvermarktung zu inspirieren.

    Alles Käse? Was Ostbelgien und das Allgäu voneinander lernen können

    Den ursprünglichen Anlass für den Kontakt gab die persönliche Lebensgeschichte der historischen Person Carl Hirnbein, der die Wirtschafts- und Lebensstruktur der Alpenregion im 19. Jahrhundert überaus nachhaltig beeinflusste – und dies interessanter Weise auf der Basis eines in Ostbelgien gesammelten Wissens. Historische Quellen weisen darauf hin, dass der „König des Allgäu“ 1840 die beschwerliche Reise ins Limburger Land antrat, um bei Battice die Herstellung des berühmten Weichkäses zu lernen, der heute „Herver Käse“ genannt wird. Dieser auch in kleinen Mengen sehr gut produzierbare Käse eignete sich hervorragend für die kleinen Sennalpen der Bergregion, und seine Herstellung bildete bereits ein Jahrzehnt später einen fundamentalen Baustein bei der Umwandlung des damals sehr armen Getreide- und Flachsanbaugebiets hin zu einer europaweit exportierenden Milch- und Käseregion. Dieser Paradigmenwechsel, gepaart mit der ebenfalls von Carl Hirnbein angestoßenen touristischen Triebkraft, machte das Allgäu zu einer besonders dynamischen Region mit hohem Lebensstandard.

    Vor diesem historischen Hintergrund reiste im Oktober 2013 eine Delegation aus dem „Hirnbein-Ort“ Missen nach Ostbelgien, um die Herver Käseproduktion, aber auch die Tourismusstruktur im Osten Belgiens kennen zu lernen. Der Kontakt entstand über den in Kelmis lebenden Allgäuer Bernd Wucherer und den damaligen Ministerpräsidenten Karl-Heinz Lambertz.

    Bereits beim Besuch der Allgäuer war sehr deutlich geworden, dass die Ostbelgier gerade im Bereich des Tourismus und der Vermarktung regionaler Produkte ihrerseits vieles von den Allgäuern lernen können. Daneben kann das Allgäu durchaus als Vorzeigeregion für die Erstellung eines einheitlichen Markenbildes (Regional-Branding) und eines kohärenten Standort-Marketings bezeichnet werden. Da all diese Bereiche wichtige Bausteine des Regionalen Entwicklungskonzeptes darstellen, kamen gleich mehrere Akteure aus Ostbelgien der Gegeneinladung der Allgäuer nach. Zu der von Parlamentspräsident Lambertz und Ministerin Isabelle Weykmans angeführte Delegation zählten auch die Direktorin der TAO, Sandra de Taeye, die für die Marke „Made in Ostbelgien“ zuständige Pascale Müllender vom Ministerium der DG und die im Thema Standortmarketing aktive Mitarbeiterin der WFG, Catherine Jungbluth. Delegation im Allgäu

    Auf dem Programm des zweitägigen Besuchs im Oberallgäu standen neben dem Besuch von touristischen Leuchtturmprojekten und Vorzeigeprojekten im Bereich der regionalen Produkte sowie einer Vorstellung Ostbelgiens im Schloss Immenstadt insbesondere eine intensive Arbeitssitzung mit der Allgäu-GMBH, die den Markenbildungsprozess sowie die touristische Außenvermarktung und die Standortvermarktung gestaltet. Dieser Austausch ist deshalb interessant, weil das Allgäu viele mit Ostbelgien vergleichbare Grundvoraussetzungen aufweist und auch ähnliche Ziele bei der Regionalentwicklung verfolgt. Beide Regionen sind landschaftlich und landwirtschaftlich von der Milchwirtschaft geprägt, touristisch eine Naturerlebnisregion und für beide spielt die Grenzlage eine wichtige Rolle. Zudem bestehen bereits jetzt Beziehungen zwischen den beiden Regionen – so wurden beispielsweise Kartographie, Internetdarstellung und Tourenplaner des Vennbahnwegs in Kooperation mit der Immenstädter Alpstein GMBH ausgearbeitet, wodurch das touristische Vorzeigeobjekt in Ostbelgien für alle Nutzer der europaweit marktführenden Plattform „Outdooractive“ zugänglich ist. Auch in anderen Bereichen der Destination Ostbelgien arbeitete die TAO mit dem Unternehmen zusammen, welches die Delegation am letzten Tag besuchte.

    Von beiden Seiten wurde der Wunsch geäußert, die Kontakte zwischen den Regionen auch in Zukunft aufrechtzuerhalten und zu vertiefen. Dabei wurden zwei Themenbereiche festgehalten: zum einen die Möglichkeit zur Darstellung der jeweiligen Tourismusregion und zum anderen ein intensiver Austausch über das Knowhow und die bereits gemachten Erfahrungen mit den Partnern der Allgäu GMBH  über den Markenbildungsprozess sowie den ganzheitlichen Ansatz einer kohärenten Standort- und Tourismusvermarktung. Dieser Prozess ist im Allgäu rund fünf Jahre früher gestartet worden als in Ostbelgien.

     

    Hintergrund: Zusammenstellung der Delegation, die 2013 Ostbelgien besuchte und die ostbelgischen Gäste im Oberallgäu empfangen hat.

    Ulrike Müller (Politik) - Damals Landtagsabgeordnete und Agrarpolitische Sprecherin im Bayerischen Landtag. Heute Europaabgeordnete. Wohnhaft im „Hirnbein-Ort“ Missen-Wilhams.

    Hans-Ulrich von Laer (Politik) - Bürgermeister des Ortes Missen-Wilhams und Besitzer des 'Meienhofes', in dem Hirnbein Mitte des 19. Jhd. wirkte. Dort soll eine Käserei mit Museum entstehen.

    Alfons Zeller (Tourismus) - Staatssekretär in Bayern a.D., langjähriger Landtagsabgeordneter und Ehrenvorsitzender des Tourismusverbandes Allgäu-Bayerisch Schwaben

    Frau Angelika Soyer (Tourismus) - Betreiberin eines Wellness-Bauernhofes in Kranzegg, 1. Vorsitzende der touristischen Plattform und politischen Interessenvertretung "Mir Allgäuer - Ferien auf dem Bauernhof e.V."

    Leo Hiemer (Käsehistorie) - Der populäre Autor, Regisseur und Filmemacher hat sich intensiv mit der Erfolgsgeschichte des 'Limburgers' und dessen Herkunft befasst. In diesem Zusammenhang hat er ein Buch und einen Dokumentarfilm erstellt.

    Josef Bettendorf (Käsehistorie) - Der Leiter des Carl-Hirnbein-Museums in Missen ist einer der profundesten Kenner dieser Käsehistorie.

    Franz Horn (Käseherstellung und Käsevermarktung) - Käsermeister aus Missen, der mit unzähligen Preisen nationaler und internationaler Käseprämierungen bedacht wurde.

    Claudius Janner (Käseverkostung und Käsevermarktung) - Maitre fromagère und gebürtiger Allgäuer. Als ausgewiesener Käse- und Vermarktungsexperte ist er Sprecher der Allgäuer Sennalpenvereinigung.

     

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